September 23, 2019

Elektronisch abgeschlossene Verträge mit US-Firmen

Die voranschreitende Digitalisierung der Datenverarbeitung hat keinen Halt vor nationalen Grenzen gemacht, insbesondere zwischen wichtigen Handelspartnern wie der Bundesrepublik und den Vereinigten Staaten von Amerika. Im digitalen Zeitalter werden Dokumente unter internationalen Geschäftspartnern nicht nur im Sekundentakt elektronisch übermittelt, sondern Verträge werden vor allem durch US-Firmen elektronisch „abgezeichnet“, ungeachtet der Frage, ob der Geschäftspartner in den USA oder in der Bundesrepublik seinen Sitz hat. Aus Sicht einer ausländischen bzw. nicht amerikanischen Firma stellt sich die Frage, ob derartige Abschlüsse in den USA wirksam sind.

Gesetzliche Grundlage für den elektronischen Abschluss

Die gesetzliche Grundlage für digitale Abschlüsse wurde vom amerikanischen Kongress bereits im Jahre 2000 durch die Verabschiedung eines Gesetzes namens „Electronic Signatures in Global and National Commerce Act“ (Gesetz für elektronische Unterschriften im globalen und nationalem Geschäftsverkehr) gelegt. Ganz im Sinne des Gesetzes, auch benannt nach dem Kürzel „E-Sign Act“ (E-Unterschriften Gesetz“), ließ der damalige Präsident Clinton seine Unterschrift am Gesetzestext elektronisch anbringen. In rechtlicher Hinsicht stellt das Gesetz klar, dass bei einem geschäftlichen Vorgang zwischen Parteien in den einzelnen Bundesstaaten oder Parteien im internationalen Geschäftsverkehr ein Vertragsabschluss, der durch eine elektronische Unterschrift zustande kommt, wirksam wird.

Definition einer elektronischen Unterschrift

Eine weitergehende Frage bezieht sich auf die Anforderungen an die elektronische Unterschrift, sodass die Rechtswirksamkeit der Unterschrift nicht infrage gestellt werden kann. Das E-Unterschriften Gesetz legt eine breit gefasste Definition einer elektronischen Unterschrift zugrunde, wonach eine verbindliche Unterschrift gegeben ist, wenn der Wille des Unterzeichners zum elektronischen Vertragsabschluss durch Zeichen oder Verfahren dargestellt wird. Demnach kann der Unterzeichner – wie analog bei Verwendung eines normalen Kugelschreibers – seinen Willen, einen elektronischen Vertrag abzuschließen, dahingehend kundtun, indem die Unterschrift mit einer Computer-Maus gezeichnet wird, der Unterzeichner seinen Namen mit der Tastatur eingibt oder auf einem klar gekennzeichneten „button“ den Vertrag annimmt.

Anforderungen an elektronische Unterschrift

Nach dem E-Unterschriften Gesetz erlangt eine elektronische Unterschrift Gültigkeit anhand von Merkmalen, die den Willen zum Vertragsabschluss aufzeigen. Im Streitfall hat der Vertragspartner, der einen elektronischen Abschluss vorträgt, den Nachweis über den Willen des Geschäftspartners, einen Vertrag elektronisch abzuschließen, darzulegen – beispielsweise dadurch, dass der Geschäftspartner seinen Namen unter dem Feld „Ich bin mit den Vertragsbedingungen einverstanden“ mit der Tastatur eingegeben hat. Darüber hinaus hat die vortragende Partei darzulegen, dass ihre internen Prozesse für die Speicherung von elektronisch gespeicherten Informationen (auf Englisch: electronically stored information [ESI]) fachgerecht in der Firma geführt wurden.

Digitale Unterschriften

Kommerzielle Anbieter haben die Tragweite des E-Unterschriften Gesetzes nicht unterschätzt und bieten diverse Dienstleistungen in Zusammenhang mit dem elektronischen Abschluss von Verträgen an. Es werden unter anderem digitale Unterschriften angeboten, die einer Person durch Ausstellung von digitalen Zertifikaten zugeordnet bzw. online verwendet werden, um einen Vertrag elektronisch abzuschließen. Das Zertifikat wird von einer anerkannten Fachfirma, im Amerikanischen „certificate authority“ genannt, angeboten. Weiterhin wird angeboten, dass der Vertragsabschluss, einschließlich der Bearbeitung von Vertragsentwürfen, über den Server des Anbieters bzw. in der „Cloud“ abgewickelt wird.

Die Einschaltung eines externen Dienstleisters hat den Vorteil, dass im Streitfall der Nachweis über die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen des E-Unterschriften Gesetzes dann vom Anbieter bzw. der Fachfirma erbracht wird. Einige Anbieter bieten gleichzeitig eine Erfüllung der Regelungen der EU-Verordnung Nr. 910/2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen, kurz eIDAS-Verordnung genannt, an.

Vormarsch von elektronisch abgeschlossenen Verträgen

Von der zunehmenden Verbreitung und Häufigkeit von elektronisch abgeschlossenen Verträgen im internationalen Geschäftsverkehr ist aus vielen Gründen auszugehen. Zum einem kann ein elektronischer Vertrag schneller abgeschlossen werden, zum Beispiel wenn zwei in verschiedenen Ländern operierende Firmen einen elektronischen Vertrag abschließen möchten, im Vergleich zu dem herkömmlichen Weg. Zum anderen bietet der Online- bzw. Cloud-Zugang für die Abwicklung des Vertragsabschlusses signifikante Vorteile. Eine Firma kann durch den Cloud-Zugang gewährleisten, dass alle in dem Vertragsabschluss verbundenen Personen das Dokument mit Verlauf der Änderungen jederzeit einsehen bzw. nachvollziehen können. Im Vergleich zu der herkömmlichen Praxis muss das Dokument meistens in einer E-Mail-Kette erstmals gefunden werden und dann sichergestellt werden, dass die Änderungen aktuell sind. Ferner kann durch einen Cloud-Zugang kontrolliert werden, wer Zugang zum Dokument bekommt bzw. dass der Vertragsentwurf nicht an Wettbewerber verschickt wird, um beispielsweise einen verbesserten Preis durch Vorlage des Entwurfs zu erreichen.

Strategie entwickeln statt abwarten

Eine Geschäftsbeziehung mit einem amerikanischen Partner bedeutet nicht zwangsläufig, dass ein Vertrag durch einen elektronischen Abschluss zustande kommen muss. Vieles spricht aber dafür, dass derartige Abschlüsse sich häufen werden. Denn die gesetzliche Grundlage ist längst gegeben und Marktentwicklungen zeigen, dass elektronische Abschlüsse angekommen sind. Es bietet sich daher an, dass Firmen eine Strategie bezüglich elektronischer Vertragsabschlüsse mit amerikanischen Geschäftspartnern entwickeln sollten, anstatt die Entwicklungen abzuwarten.

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